Nach der 4-tägigen Wanderung ein bisschen in Santa Marta entspannen? Hahaha… nope, eher nicht so. Alles kam anders als geplant. Es war Samstag, als ich mit dem Minibus wieder bei der Agentur ankam. Rucksack geschnappt und ab zurück ins Hostel. Dann habe ich Bart geschrieben, den ich in Cartagena beim Feiern mit den Jungs kennengelernt hatte. Er ist Pole, wohnt aber in England und war auch grad in Santa Marta – wie gesagt, den ein oder anderen trifft man immer irgendwo, irgendwann wieder. Er wollte zu einem Fußballspiel in der Nähe und hat gefragt, ob ich Lust habe mitzukommen. Drei mal dürft ihr raten haha, klar bin ich mit. Wir haben uns zwei Bierdosen geschnappt und sind ins Taxi gestiegen. Der Taxifahrer warnte uns erst mal, bloß nicht zurück zu laufen, weil die Gegend nicht sicher sei – hatten wir eh nicht vor, aber immer gut zu wissen. Am Stadion angekommen, haben wir uns Tickets besorgt und waren gespannt, was das so gibt. Feste Plätze gab’s nicht, also sind wir ein bisschen rumgelaufen und haben uns, so dachten wir zumindest, gute Sitze ausgesucht. Die Stimmung war wirklich mega. Feuerwerk, Bengalos, Gejohle, Gesang, ein bisschen gegen den Rivalen sticheln… Fußball at it’s best.
Und wer hat da überhaupt gegeneinander gespielt? Unión Magdalena gegen Junior. An der Küste wohl ein Klassiker. Dann das 1:0. Die Junior Fans feierten das Tor und wir natürlich mit. Doch nur ein paar Minuten später der Ausgleich. 1:1. Man merkte, wie die Stimmung etwas aggressiver wurde und die ersten (vollen) Flaschen flogen Richtung unserer Tribüne und wieder zurück zu den Gegnern. Bart und ich sind dann schon etwas weiter weg und ein paar Polizisten stellten sich zwischen die gegnerischen Lager. Und plötzlich ist alles eskaliert. Im Nachhinein haben wir gelesen, dass wohl einer der Magdalena-Anhänger in ”unseren” Bereich eingedrungen ist. Innerhalb von Sekunden sind die Fans aufeinander losgegangen und haben an den Zäunen gerüttelt, sind drüber geklettert, viele sind auf’s Spielfeld gerannt. Chaos pur. Und Prügeleien. Der Schiedsrichter hat dann das Spiel abgebrochen. Die Spieler sind in die Kabinen und haben sich dort eingeschlossen. Bart hat sich meine Hand geschnappt und wir haben versucht einen Ausgang in der entgegengesetzten Richtung der Randale zu finden. Schnell über einen Zaun geklettert haben wir dann einen Ausgang gefunden, durch den gleichzeitig die “Kavallerie” reinkam.
Das alles war irgendwie so unwirklich. Andere Polizisten vor dem Stadion haben uns dann gesagt, dass wir zu den Bussen rennen sollen. Alle werden evakuiert. Wir also zu den Bussen und durften dort erst mal einen sicheren Unterschlupf finden.
Auf dem Foto im Bus erkennt man nicht so viel, weil die Fans die Vorhänge von den Busfenstern zugezogen haben. Bart und ich saßen vorne in der ersten Reihe, ich neben dem Fenster. Dann kam ein Junior-Fan und meinte ich soll mich auf Bart’s Schoß setzen. Er setzte sich dann auf meinen vorherigen Platz und hielt noch ein Sitzkissen vor den Vorhang vom Fenster. Zudem kam der Großteil der Jungs mit riesigen Steinen in der Hand in den Bus. Einer, der der Anführer zu sein schien, fragte sogar, ob jemand ne Machete dabei hat. Spätestens ab dem Zeitpunkt hatte ich dann auch ein bisschen Panik. Bart und ich haben versucht uns gegenseitig zu beruhigen und davon zu überzeugen, dass schon alles gut wird. Ein Bus den wir gesehen haben, hatte übrigens keine Fensterscheiben mehr. Aber nach und nach kam immer mehr Polizei und der Bus fuhr endlich los. Ich war glaub ich war noch nie in meinem Leben so froh, dass ein doofer Bus losfährt. Ein paar Minuten später hielten wir dann wieder an und man hat uns in ein Taxi verfrachtet, weil der Bus in eine andere Stadt fuhr. Jetzt müsst ihr euch dazu noch vorstellen, dass Bart und ich noch nicht so bombastisch Spanisch sprechen. Man kann wohl sagen, dass der Abend ein großes Abenteuer war. Mama tut mir echt leid, war nicht meine beste Idee, die ich jemals hatte. Aber mit sowas hab ich niemals im Leben gerechnet. Zurück in Santa Marta, wo alle unterwegs zur nächsten Party waren, war Bart und mir eher nicht so nach feiern zumute. Wir haben uns umarmt, zusammen ein paar Bierchen getrunken und den Abend Revue passieren lassen. Jetzt im Nachhinein ist’s eine interessante Geschichte, die ich euch und anderen erzählen kann. Also bitte nicht böse sein Mama. Nächstes mal frage ich vorher, wer da so gegen wen spielt und ob’s sicher ist.
Der nächste Tag war dann aber tatsächlich super entspannt. Ich hab ausgeschlafen, lecker gefrühstückt und lange am Pool abgehangen. Danach dann noch etwas die Stadt angeschaut und war bei einem Mexikaner was essen.
Doch abends wurde mir irgendwie komisch und ich fühlte mich nicht soo gut. Ich bin deswegen früh ins Bett und nachts ging’s dann richtig los. Lebensmittelvergiftung. Oder vom Zähneputzen mit Leitungswasser? Noch irgendwie von der Wanderung? Ich weiß es nicht so genau. Aber ich habe die Nacht über mehr auf dem Klo gesessen, als im Bett gelegen und mich dabei noch gleichzeitig in den Mülleimer übergeben. Ich denke das ist anschaulich genug. Gehört zum Reisen und Leben halt mit dazu. Das war übrigens der erste Moment, in dem ich es wirklich bereut habe alleine zu reisen. Wenn es einem mies geht ist es einfach schön, jemanden zu haben, der sich um einen kümmert. Ich hab’s nicht mal zum nächsten Supermarkt geschafft, um mir neues Wasser zu kaufen. Aber im Hostel gibt’s ja zum Glück auch immer was – ist natürlich teurer, war mir in dem Moment sowas von total egal. Auch am nächsten Tag ging’s mir immer noch nicht so richtig gut, aber ich hab eine Free Walking Tour mitgemacht, was ich zum Glück ohne Toilette überlebt habe. Tja damit hatte ich dann noch so ungefähr ne Woche Spaß, auch wenn ich trotzdem ein paar Sachen unternommen habe. Aber ständig Bauchgrummeln und das alles flüssig aus einem heraus kommt (wenn auch nicht direkt nach dem Essen) ist einfach nicht so cool… Ich hab einfach versucht das Beste draus zu machen: einen Gang runterschalten und trotzdem machen, was geht. Am nächsten Tag ging’s für mich dann ins ca. 1 Stunde entfernte kleine Dörfchen Minca.
Hier noch ein paar Eindrücke aus Santa Marta:
Diese Kirche hier wurde angeblich nur aus Steuern finanziert, die auf den Schnaps Aguardiente erhoben werden. Und dann gab’s wohl noch einen großen Brand in der Kirche und nur dieser eine Jesus hat den Brand überlebt, weswegen er jetzt so braun ist:
Und ich habe euch ja schon häufiger gesagt, wie lecker ich Lulo-Saft finde. Hier seht ihr mal eine Lulo-Frucht (in Ecuador übrigens Naranjilla genannt, was so viel wie Fake-Orange bedeutet):
Im nächsten Beitrag berichte ich dann, wie Minca war 🙂 liebste Grüße an euch alle!!
Hallo und guten Tag aller-beste Kathi,
Dein Erlebnis im und nach dem Fußballstadion, das Magen.-/Darmgrollen (vorsichtig ausgedrückt), sind wahrlich nicht Deine tollsten Weltreise-Abenteuer-‚Geschichten‘; wohl auch dann nicht, wenn Du in einigen Jahren oder Jahrzehnten auf die große Reise zurückblickst.
Lass Dich dadurch bei Deiner Weltreise nicht beeinflussen und geh weiter positiv – wie es Deine Art ist – an die zukünftigen Ziele und Vorhaben heran; Du schaffst das und noch besser, Du wirst für Deine Abenteuer-Leidenschaft auch belohnt. Warts ab?!
Recht hast Du natürlich mit Deiner Aussage, dass in schwierigen Situationen – Anmerkung von mir: das kann auch schon bei einer normalen Grippe so sein – ‚Alleinsein‘ nicht wirklich günstig, geschweige denn förderlich ist.
Pass auf Dich auf – ich drücke Dir weiterhin alle meine zwei Daumen und freue mich über neue Fotos und Berichte von Dir!
L.G. Wilhelm