Ich wusste erst gar nicht so recht, ob ich nach Nazca möchte. Viele hatten mir gesagt „Ach wenn du den Flug über die Linien nicht machst, dann lohnt es sich nicht.“ Dank Aldo bin ich dennoch hingefahren und ich bin ihm so dankbar dafür. Nazca hat mehr zu bieten als die berühmten Linien im Boden. Und nur weil mich der Rest von Nazca so begeistert hat, habe ich mich schlussendlich doch für den Flug entschieden (wollte erst nicht, weil‘s teuer ist…), was die beste Entscheidung war – so beeindruckend!

Wer jetzt keinen Plan hat wovon ich rede, der bekommt erst mal ein paar Erklärungen zu Nazca und diesen komischen Linien von denen ich die ganze Zeit schwafel.

Um Nazca herum haben Völker zwischen 800 vor und 600 nach Christus gigantische Bilder in den Boden gescharrt. Sie sind von Hügeln, einem Aussichtsturm oder dem Flugzeug aus zu erkennen. Die nahe gelegenen Stadt Nazca gab den über 1.500 Scharrbildern ihren Namen. Sie bedecken eine Fläche von über 500 Quadratkilometern und bestehen aus Linien, die bis zu 20 Kilometerlang und wenige Zentimeter tief sind. Einzelne Bilder sind bis zu 285 Meter groß. Hier schon mal ein Beispiel, dass ich von meinem Flug aus bestaunen konnte:

Einige Forscher sehen in den Linien Botschaften an die Götter, andere einen Kalender oder Prozessions-Wege für Rituale. Die Scharrbilder, auch Geoglyphen genannt, schufen die Nazca, indem sie die dunklen Schichten des oxidierten Wüstengesteins aus dem Weg räumten. Dadurch kam der hellere Untergrund zum Vorschein. Nicht nur die Nazca schufen Bodenbilder. Einige Motive sind so alt, dass die vorige Kultur der Paracas von 800 bis 200 vor Christus damit begonnen haben muss. Die Trockenheit in dem Gebiet bedeutete schließlich das Ende der Nazca.

Bei Youtube gibt‘s ein paar interessante Dokus dazu, falls ihr mehr wissen möchtet 😉

Fun Fact: eine Deutsche namens Maria Reiche hat einen Großteil ihres Lebens damit verbracht die Linien zu erforschen und dank ihr stehen sie unter Schutz und zählen mittlerweile zum UNESCO Weltkulturerbe.

Aber nun zurück zu Aldo und mir. Mit dem Bus ging es von Huacachina nach Nazca. Die ersten Linien im Boden konnten wir von einem Aussichtsturm aus bewundern. Ich muss sagen, schon echt verrückt welche Dimensionen die Linien haben und wie gut sie erhalten sind. Das liegt vor allem daran, dass es in der Gegend so gut wie nie regnet und auch kaum Wind oder ähnliches den Linien schadet.

Abends waren wir dann nur noch einen Happen essen und haben uns einen Film angeguckt.

Am nächsten Tag musste Aldo den Morgen über Arbeiten. Also habe ich das kleine Städtchen Nazca alleine erkundet und musste feststellen, dass die Linien und die damit verbundene Geschichte echt überall zu finden ist. Seht selbst:

Aldo ist zwar in Italien geboren und groß geworden, aber seine Eltern stammen beide aus Peru (er hat die doppelte Staatsbürgerschaft). Seit ca. 6 Jahren wohnt er nun in Lima und arbeitet in der Tourismus-Branche, weswegen er die Gegend schon gut kannte. Also organisierte Aldo uns eine Tour mit Carlos, welcher in Nazca geboren ist und die Umgebung wie seine Westentasche kennt. Dabei war auch noch eine nette Amerikanerin. Zuerst hielten wir kurz vor einem Hügel…erkennt ihr was die Linien darstellen? Klar oder? Eine Katze. Er erzählte uns einiges zu Nazca, den Linien, den Menschen damals und Opfergaben die man überall verteilt fand. Immer wieder interessant auf dem Pfad der Geschichte zu wandeln.

Danach fuhren wir zu den sogenannten Acueductos. Anhand der Bäume die ihr sehen könnt, wussten die Menschen damals, dass hier Wasser zu finden ist, weil die Wurzeln so tief wachsen, bis sie Wasser finden. Echt clever. Läuft man die Spirale bis nach unten ist dort ein Loch und man sieht das klare Wasser entlang fließen, in dem sich sogar ein paar Fische tummelten. Auch zu den Pflanzen ringsum gab‘s noch ein paar interessante Infos…

Nachdem wir Carlos mit Fragen gelöchert und tausend Fotos geschossen hatten ging‘s zurück ins Auto. Diesmal dauerte die Fahrt etwas länger, aber es lohnte sich. Wir fuhren zu den Ruinen Cahuachi. Sie sind erst vor einigen Jahren entdeckt worden und zurzeit sind erst ca. 10% freigelegt worden. Wegen Covid pausieren die Arbeiten grad immer noch, im nächsten Jahr soll es aber weiter gehen. Die 10% waren schon sehr beeindruckend, kaum vorzustellen wie es aussehen muss, wenn die kompletten Ruinen freigelegt sind. Auch hier glänzte Carlos wieder mit seinem Wissen und beantwortete brav all unsere Fragen. Eine Geschichte ist mir besonders in Erinnerung geblieben: Menschen haben sich freiwillig geopfert (aus verschiedensten Gründen) und glaubten fest an ein Leben nach dem Tod. Es war quasi eine Ehre. Man verabreichte ihnen Drogen und sie irrten durch eine Art Labyrinth das Carlos uns zeigte, bevor sie schließlich geopfert wurden. Aus heutiger Sicht total absurd.

Nachdem Carlos uns noch etwas Zeit gab alleine herumzulaufen und diese alten Ruinen zu bestaunen ging es auch schon weiter zum letzten Stopp des Tages. Ein Keramik-Museum. Dort wurde uns gezeigt welche Steine in der Gegend zu finden sind und wie daraus Schmuck hergestellt wird. Auch wie Wolle produziert und mit natürlichen Mitteln gefärbt wird. Wahnsinn wieviel Arbeit dahinter steckt und wie kreativ die Peruaner sind.

Und dann war der Tag auch schon wieder rum, naja fast. Aldo und ich sind uns kurz umziehen gegangen (es wird nachts echt soo kalt) und waren lecker Pizza essen. Da Aldo schon länger mit Carlos zusammen arbeitet, aber nicht soo oft in Nazca ist, nutze er die Chance und wir verabredeten uns auf ein paar Bierchen mit ihm. Was soll ich sagen, aus einem Bier wurden Zwei, wurden Drei, wurden irgendwie ganz viele Biere… Carlos sagte zwar immer „Okay, das ist jetzt aber echt das letzte – one more please“ aber es gab ganz viele letzte Biere… schmeckt auch einfach immer zu gut. Wir quatschten und lachten viel und ein paar Stunden später landeten wir noch in der lokalen Disco. Wer hätte gedacht, dass man in Nazca auch feiern kann. Ein feuchtfröhlicher Abend, mit garantiertem Kater am nächsten Morgen.

Morgens brauchten wir dann eine ganze Weile, um in Schwung zu kommen. Nach einem späten Frühstück fuhren wir mit dem Bus ins nahegelegene Maria Reiche Museum. Ich muss sagen, schon beeindruckend, dass sie alle Linien zu Fuß und alleine ausgemessen hat – und auch etwas verrückt. Ihre Familie ließ sie nachträglich hier beerdigen, was ihr sicher gefallen hätte.

Ich würde jetzt gerne so tun, als wäre es der perfekte, schöne Tag gewesen. Aber mitten während unseres Besuches bekam ich eine Nachricht von meiner Mama, dass ich mich bei meiner Oma melden solle, weil es ihr wirklich nicht gut gehe. Mit der Zeitverschiebung war es in Deutschland bereits abends und ich wollte ungerne bis zum nächsten Tag warten. Das letzte Mal hatte ich mit meiner Oma gesprochen, als ich ein paar Tage vorher am Busbahnhof in Lima gewartet hatte. Da hatte sie noch mit mir rum gescherzt… Sie war schon länger im Krankenhaus und ich wusste, dass es ihr nicht super gut geht. Trotzdem traf mich die Nachricht wie ein Schlag. Ich weinte mich erst mal an Aldos Schulter aus, bevor ich bereit war sie anzurufen. Sie freute sich total über meinen Anruf und ich freute mich auch sehr ihre Stimme zu hören. Es war ein wirklich intensives Telefonat. Gleichzeitig so unfassbar schwer, aber auch so herzlich und schön. Wir weinten und lachten gemeinsam und sie verabschiedete sich von mir. Ich musste ihr versprechen viel Schönes zu machen und meine Reise weiter zu genießen. Leichter gesagt als getan. Ich bin so so dankbar, dass Aldo in dem Moment bei mir war und mir Trost spenden konnte. Er hat selbst schon einige Familienangehörige verloren und konnte deswegen gut nachvollziehen wie es mir ging. Ich brauchte eine ganze Weile, bis ich mich wieder auf das Museum einlassen konnte und wir uns den Rest anschauten. Danach liefen wir zu einer Chicharroneria, weil Carlos uns das empfohlen hatte. Er meinte hier in der Gegend würden sie ein spezielles Gewürz verwenden und deswegen schmecke Chicharrón (gebratener Schweinebauch) hier besonders gut. Ich muss sagen, er hatte definitiv Recht, es war köstlich. Zwischendurch kämpfte ich immer wieder etwas mit den Tränen, weil meine Gedanken immer wieder zu meiner Oma abschweiften. Aber ich hatte ihr versprochen etwas Schönes zu machen und ich hatte eh überlegt eventuell doch den Flug über die Linien zu machen, nach den ganzen interessanten Infos war ich angefixt. Also fragte ich Aldo, ob wir noch kurzfristig einen Flug organisiert bekommen für mich. Er rief Carlos an und plötzlich ging alles ganz schnell. Klaro ginge das. Also nach einem schnellen, frischgepressten Orangensaft ab in einen Mini-Van und zurück in die Stadt.

Hier verabschiedeten Aldo und ich uns dann leider auch schon wieder. Er musste zurück nach Lima und ich wurde von einem Taxi abgeholt und zum kleinen Flughafen in der Nähe gebracht. Echt schade, aber er wollte mich spätestens in Cusco noch einmal besuchen kommen.

Dann konnte ich aber weder an meine Oma, noch an Abschiede denken. Ich wurde etwas nervös. Ich würde tatsächlich in so ein kleines Miniflugzeug steigen – oh Mist! Ich flieg eh nicht soo gerne und dann in so einer kleinen Todesmaschine… uufff… im Nachhinein war es aber gar nicht so schlimm wie gedacht, weil man so auf die Linien und Natur fixiert war und die Infos, welche die Piloten uns gaben. Am Flughafen angekommen musste ich erst mal bezahlen und auf eine Waage steigen. Im Flugzeug konnte nämlich nicht jeder einfach sitzen wo er wollte, nein nein, das wurde nach Gewicht eingeteilt. Hier seht ihr unsere Flugroute:

Noch einmal schnell Angst-Pipi machen, durch die Kontrolle und dann ging es schon auf die Landebahn. Als ich das kleine Flugzeugchen sah, bekam ich noch mal kurz richtig Angst. Aber die Piloten strahlten Ruhe und Kompetenz aus, sodass ich mich schnell wieder besser fühlte. Die Nacht vorher feiern gehen kann ich aber definitiv nicht empfehlen, für ein paar Minuten dachte ich, dass ich mich gleich übergeben müsse. Zum Glück hat das während unseres Fluges aber niemand gemacht. Also flogen wir über die Linien bzw. einzelnen Gebilde jeweils einmal linksherum, einmal rechtsherum, damit alle eine gute Sicht haben. Dazu gab es parallel immer Erklärungen aus dem Cockpit. Und hier jetzt die atemberaubenden Linien:

Ganz winzig klein, der Turm auf dem wir zwei Tage zuvor waren.

Was für ein Erlebnis. Ein Tag der einer Gefühlsachterbahn glich.

Hier noch mal ein kleiner Nazca-Überblick für euch, den ich an einer Häuserwand gefunden habe und direkt mochte:

Den offenen Friedhof habe ich leider verpasst, aber trotzdem waren es wieder viele schöne, spannende und interessante neue Eindrücke.

Nach einem lokalen Abendessen und etwas blöde rumsitzen und am Handy rumspielen ging es für mich dann mit dem Nachtbus weiter nach Arequipa. Dazu aber mehr im nächsten Beitrag.

Ihr Lieben, nutzt die Zeit mit den Menschen die ihr liebt und hört auf meine Oma: genießt euer Leben, geht was leckeres Trinken/Essen!!

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