Montag bin ich früh morgens mit dem Bus in Potosí angekommen. Eine kurze Taxifahrt später stand ich schon vor meinem Hotel. Ja richtig gelesen: Hotel. Ein eigenes Zimmer für mich ganz alleine. Eine schöne Abwechslung. Aber eher unfreiwillig, weil es hier einfach keine Hostels gibt… Wieder hatte ich Glück und konnte schon morgens einchecken. Ich legte mich also noch mal für ein kurzes Nickerchen ins Bett. Danach buchte ich eine geführte Tour durch die Stadt. Da es an Touristen mangelt, diesmal keine Free Walking Tour, sondern eine Private nur für mich. Mit der kleinen, lieben Sol. Und was soll ich sagen, Potosí ist echt ganz schön. Eine Stadt die einst sehr reich war, weil es eine Silbermine gibt, die damals viel Silber und andere Schätze hergab. Mittlerweile ist die Mine schon ziemlich leer geräubert. Aber dennoch wird dort auch heute noch abgebaut, zum Beispiel Zink und Kupfer. Außerdem ist Potosí eine der höchstgelegenen Städte der Welt (4067m).
Früher lebten die reichen Spanier auf der einen Seite von Potosí und hinter dem Torbogen lebten die Armen, die (Familien der) Bergbauarbeiter. Die Häuser sahen früher so aus: klein und rundlich. Aber davon gibt’s heutzutage kaum noch welche, was Sol echt schade findet.
Und dann gibt es noch diese Brücke hier, die damals über einen Fluss führte. Wenn man geheiratet hat, musste man dort mehrmals drüber laufen, damit die Ehe auch lange hält und glücklich ist. Einheimische wie Sol führen diese Tradition noch heute fort. Auch sie ist frisch verheiratet mehrmals über die alte Brücke gelaufen – und ist immer noch glücklich verheiratet…Zufall?! 😉
Die Mine und deren Auswirkungen auf die Stadt sind an vielen Ecken zu sehen.
Sol erzählte mir, dass sie während der Pandemie keine Arbeit mehr hatte, weil keine Touristen mehr kamen. Also arbeitete auch sie in der Mine. Es gäbe relativ gutes Geld, aber ihr Arzt habe ihr davon abgeraten, weil es nicht gesund für sie sei. Deswegen sei sie sehr froh, dass jetzt wieder Touristen kämen. Wir führen unsere Tour fort und sie zeigt mir das Krankenhaus und auf der einen Seite der Straße und den Heiler in dem Haus direkt gegenüber. Viele gingen heutzutage immer noch lieber zu einem Heiler, weil sie mehr Vertrauen darin haben.
Am Ende der Tour ist es bereits Mittags und ich frage Sol hungrig nach Essens-Empfehlungen. Sie sagt, ich solle die traditionelle Suppe namens Kalaphurka probieren und zeigt mir direkt noch das Restaurant. Alles klar, immer her mit der Suppe. Das Besondere: in die Suppe wird ein heißer Vulkanstein gelegt, damit alles möglichst lange heiß bleibt. Denn dadurch, dass Potosí so hoch gelegen ist, ist es automatisch sehr kalt. Da ist so eine heiße, leckere Supper genau das Richtige. Auch für mich.
Den Rest des Tages hab ich eher ruhig verbracht, da ich durch die nächtliche Fahrt mit dem Bus ganz schön k.o. war – da hilft auch kein Nickerchen am Morgen. Ein bisschen durch die Straßen bummeln und ein paar Netflix-Folgen später lag ich dann auch schon im Bett.
Für den nächsten Tag hatte ich eine Tour zu der Silbermine im Cerro Rico gebucht. Und siehe da (scheinbar gibt es nicht all zu viele englisch-sprachige Guides hier): Sol stand freudestrahlend vor mir. Wir umarmten uns und auch heute würden sie wieder eine tolle Tour mit mir machen. Beziehungsweise mit uns. Denn aus meinem Hotel war noch der Schotte James mit von der Partie. Wir fuhren erst zu einem kleinen Kiosk in der Nähe der Mine, um ein paar Geschenke für die Arbeiter zu kaufen. Und dabei gab es eine interessante Entdeckung: Dynamit!! Ja, an den Buden dort können die Arbeiter Arbeitsmaterial kaufen und dazu gehört auch waschechtes Dynamit. Außerdem gibt es massig Kokablätter, hochprozentigen Schnaps und spezielle Zigaretten. Wir kaufen mehrere Flaschen Limo und eine riesige Tüte mit Kokablättern. Die Arbeiter kauen die Blätter quasi non-stop. Man kann oft eine groß ausgebeulte Wange sehen, in der ein kleines Knäuel Kokoblätter liegt. Das Koka halte die Bergarbeiter wach und sorge außerdem dafür, dass sie kein Hungergefühl bekämen, so erklärte uns Sol.
Danach geht es weiter in ein kleines Lager, wo wir Gummistiefel, eine Hose + Jacke und einen Helm mit Lampe bekommen. Kurz drauf sitzen wir schon wieder im Auto und düsen Richtung Mine. Sol kennt sich aus, denn sie hat ja selbst vor kurzem noch dort gearbeitet. Was mich irgendwie beruhigt. Ich wusste nämlich erst gar nicht, was ich von so einer Tour in die Mine halten sollte. Schließlich sind dort viele Menschen bereits verstorben und andere schuften heute noch sehr hart. Im Nachhinein bin ich froh es gemacht zu haben. Es war super interessant und alle waren sehr nett – unsere kleinen Geschenke haben da natürlich auch geholfen.
Mich hat die Mine auch einfach total an zu Hause erinnert, an den Bergbau im Ruhrgebiet.
Wir liefen mit Sol bis tief in die Mine herein und durften in ein paar Schächte krabbeln, um uns alles genau anzusehen. Außerdem liefen an uns immer wieder Arbeiter vorbei, dann mussten wir schnell an den Rand springen und warten bis sie vorbei gespurtet waren. Denn sie werden nicht pro Stunde bezahlt, sondern für ihre Ausbeute.
Die Explosionen von dem Dynamit hatte ich mir allerdings etwas spektakulärer vorgestellt. Wir waren nie direkt dabei, aber man konnte die “puuffsss” durchaus hören. Aber es war leiser als gedacht und nichts wackelte oder so. Wahrscheinlich einfach eher eine Film-Vorstellung, die ich da hatte haha.
Und kurz bevor wir die Mine wieder verlassen haben, besuchten wir noch den Teufel. Denn er ist der Gott, der die Mine bewacht. Die Arbeiter legen regelmäßig ihre Gaben dar, um ihn milde zu stimmen – damit sie sicher ihre Arbeit verrichten können und eine gute Ausbeute haben.
Danach war ich froh, wieder an der frischen Luft zu sein und die Sonne zu sehen.
Mittags war noch etwas Zeit, um meine lieben zu Hause anzurufen. Und Abends gingen James und ich noch zusammen um die Häuser ziehen. Was so gar nicht geplant war. Eigentlich wollten wir nur zusammen Abendessen. Aber dann erzählte er mir, dass er noch keinen Chuflay probiert hat und eins führte zum anderen und so zogen wir von einer Bar zur nächsten und eh ich mich’s versah, hatte ich einen guten Kater am nächsten Tag. Aber es war wirklich ein lustiger Abend. Immer interessant neue Menschen kennenzulernen.
Es war ein wunderschöner Tag, blauer Himmel und Sonnenschein. Aber mein Kater ließ mich ewig im Bett liegen. Irgendwann mittags konnte ich mich dann doch aufraffen und “frühstückte” erst mal in einem nahegelegenen Café. Danach lief ich noch etwas durch die Straßen und gönnte mir abends noch eine große Pizza und Netflix im Bett.
Am nächsten Morgen ging es dann auch schon weiter nach Sucre. Um 10 Uhr saß ich im Bus und es dauerte wieder viele Stunden, bis ich am Ziel angekommen bin…
Sucre sollten dann (unfreiwillig) auch mein letzter Stopp in Bolivien sein.
Fühlt euch alle ganz herzlich gegrüßt 🙂
Hi Kathy – alles roger?!
Unsere aktuelle Praktikantin Emely hat in dieser Woche ihre Prüfung bestanden und ich habe ihr gesagt, dass sie auch eine Weltreise – mit Einsicht für mich – unternehmen möge.
Sie hat schon einige Fotos von Dir / Deiner Reise gesehen und ist überhaupt nicht gegen eine Weltreise.
Schau’n mer mal – mach’s gut liebe Bergbauarbeiterin und weiterhin viel fortune.
Gruß Wilhelm